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Mach’s gut mein Mädchen

Worte zu finden, ist manchmal gar nicht so leicht. Insbesondere dann nicht, wenn ein geliebter Freund uns verlässt. Man kann sich darauf noch zu gut vorbereiten, doch es schmerzt unendlich doll, wenn der Tag der Tage dann gekommen ist. Und so fühle ich mich heute. Einen Tag nachdem meine gestreifte Freundin mich für immer verlassen hat. Mein Horn, meine Zicke und meine beste Freundin. Das Tier, dass ich nie wirklich verstanden habe und dennoch unendlich liebe. Danke, Lotti. Danke für eine wunderschöne und unvergessliche Zeit und für all die Momente, in denen ich deine Nussvorräte in meinem Zimmer an den unmöglichsten Orten gefunden habe. Du bist ein wahres Charaktertier. Ein wahres Terrortier und meine beste Freundin. Du warst der Männerschreck und die Herrin des Hauses. Die Hunde hatten vollsten Respekt vor dir, so wie auch dein Herrchen. Meine Mutti und ich aber haben uns deinen Attacken ausgesetzt und ich weiß, dass auch die Männer dich von ganzem Herzen geliebt haben auch wenn ihre Angst stets größer war.

 

 

Wie Lotti in mein Leben trat

Ganz genau kann ich das nicht einmal mehr sagen. Wie um Himmelswillen kommt man auf die Idee ein Streifenhörnchen bei sich aufzunehmen? Wie findet man so eines dann auch noch? Das sind Fragen, ich die ich mir nicht beantworten kann. Ich weiß nicht mehr, warum ich ein Streifenhörnchen haben wollte. Ich weiß nur, dass ich nach meinen mongolischen Wüstenrennmäusen ein Haustier haben wollte, welches eine längere Lebensspanne hat. Ein Nagetier, dass mich einen längeren Teil meines Lebens begleiten würde und welches ich nicht nach 2-3 Jahren gehen lassen muss. Degus und Chinchillas waren aus unterschiedlichen Gründen nicht geeignet und irgendwie muss ich auf Streifenhörnchen gekommen sein.

Lotti zog in einer turbulenten und anstrengenden Zeit bei mir ein. Ich hatte bereits zwei Abitur-Prüfungen absolviert und lernte noch auf die schriftliche Mathe-Prüfung und das mündliche Abitur in Geografie. Meine Tage bestanden wirklich nur aus Lernen. Immerhin wollte ich gut abschneiden bei den Prüfungen. Doch ein wichtiges Ereignis stand auch noch an: Ich würde mein Streifenhörnchen aus Burg abholen. Ich hatte keine Ahnung wo das war, aber mein Papa fuhr uns dorthin. Wir betraten ein Wohnhaus in einer wunderschönen Altstadt und lernten doch tatsächlich einen Mann kennen, der noch Tier-verrückter war als ich. Reptilien über Reptilien fanden sich in tollen Terrarien in seinem Wohnhaus. Mit einem Leguan auf dem Arm, saß er regelmäßig auf der Couch vor dem Fernseher, erzählte er. Auch wenn ich Reptilien unheimlich spannend fand und nach wie vor finde, wartete ich aber sehnlichst darauf die kleinen Streifenhörnchen zu sehen. So ging es in einen Raum, der extra für die Tiere eingerichtet war. Zwei große Volieren standen darin und in einem waren die Jungtiere und ihre Mutter und in der anderen der Vater. Streifenhörnchen sind Einzelgänger und so durften sie nur zur Paarung zueinander (Achtung: Die Zucht von sibirischen Streifenhörnchen ist mittlerweile gesetzlich verboten). Ich erinnere mich, dass mein Papa gar nicht so begeistert von den Nagern war, aber ich hatte lange Zeit keine Ruhe gelassen, meinen Eltern Bücher über Streifenhörnchen präsentiert und ihnen jede Frage genauestens beantwortet bis sie gar nicht mehr anders konnten, als ja zu sagen. Als der Züchter dann aber die Voliere mit den Jungtieren öffnete, war auch mein Papa Feuer und Flamme. Zu dritt suchten wir uns das Streifenhörnchen aus, welches sich am meisten für uns interessierte und es wurde Lotti. Wir fuhren den langen Weg nach Saarmund zurück und setzten mein kleines Mädchen in ihre Voliere. Dort sollte sie nun für 6-8 Wochen bleiben und später jeden Tag ihren Freilauf in meinem Zimmer genießen.

Der 22.04.2014 war der Tag, an dem unsere Reise begann.

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Das ist eines der ersten Bilder, dass von Lotti existiert und auch wenn es nicht ansatzweise technische Perfektion erreicht, so ist es eines meiner liebsten Bilder von ihr.

Es folgten 6,5 aufregende Jahre

Nach 6 Wochen Käfigarrest durfte Lotti das erste Mal in den Freilauf, den sie fortan fast täglich erhielt. Wir gewöhnten uns aneinander und ich mich an Beiß- und Kratzattacken und waghalsige Manöver. Von nun an musste ich mein Essen und mein Trinken teilen, wenn ich beim Lernen Hunger oder Durst hatte. Lotti war einfach immer dabei. Sie erkundete alles und war immer voller Neugier. Sie liebte es, sich in meinen Schränken zu verstecken oder in meinem Bett. Sie versteckte ganz motiviert und flink ihre Nüsse in meinem Zimmer und war ganz frustriert, wenn ich ihre Verstecke plünderte und alles wieder in ihren Käfig legte. Erwischen durfte sie mich dabei keinesfalls, sonst gab es blutige Hände. Ich kann es ihr nicht übel nehmen. Wenn man sich für ein Wildtier als Haustier entscheidet, dann muss man mit den Konsequenzen leben. So ein Hörnchen ist eben kein Kuscheltier – oder zumindest entscheidet es selbst und spontan, wann es streicheln erlaubt und wann es das vehement untersagt. Wir hatten eine wundervolle gemeinsame Zeit. Ich liebte es, wenn sie an mir hochkletterte und mir im Gesicht schnüffelte. Ich liebte es, wie süß sie versuchte fünf Haselnüsse zeitgleich in ihren Backen zu verstecken und es nie schaffte. Gleichzeitig trieb meine kleine Zicke mich aber regelmäßig an den Rande des Wahnsinns. Es ist nicht einfach, wenn man sein Zimmer und sein Leben mit jemandem teilt, den man nicht zu 100 Prozent versteht. Jemand, dessen Bedürfnisse einem sehr vertraut und gleichzeitig so fremd sind. In den Streifenhörnchen-Foren und Gruppen sah ich Hörnchen, die sehr innig mit ihren Besitzern waren, sich richtig kuscheln ließen und sogar Tricks erlernten. Lotti hatte nie Lust auf Tricks. Sie hatte nie Lust sich lange mit mir zu beschäftigen und erst recht sah sie sich als freies und emanzipiertes Weibchen an, dem niemand etwas zu sagen hat. Es fiel mir alles andere als leicht, meine Lotti als Wildtier zu akzeptieren. In den 6,5 gemeinsamen Jahren überlegte ich so oft, ob ich einen passenderen Menschen für sie suchen sollte, aber ich konnte es nie übers Herz bringen meine Zicke abzugeben. Viel mehr lernte ich ihre Bisse und Kratzer lieben auch, wenn sie meistens wirklich richtig doll weh taten. Die zwei Sekunden zuvor, in denen sie das Streicheln sichtlich genossen hatte, machten all den Schmerz wett. Sie zu beobachten, wenn sie ihren Schwanz putzte oder sie mal wieder auf der Couch Nüsse knackte und das reine Chaos hinterließ, erwärmten mein Herz. Selbst als ich mein liebstes Kuscheltier – ein Bernhardiner namens Beethoven – aufschneiden musste, weil ich Angst hatte, dass sie in seinem Inneren erstickt sei, liebte ich sie abgöttisch und es flossen Freudentränen als sie mich für die Störung ihres Schönheitsschlafes gebissen hat. Wir hatten eine wirklich turbulente Zeit miteinander.

2020 begann und leider war schnell klar, dass mein kleines Hörnchen nun alt geworden ist. Mein Abitur, mein Studium, drei Wohnungen und ganze 6,5 Jahre haben wir gemeinsam erlebt. Nun brauchte sie viel Schlaf. Sie wollte keinen Freilauf mehr haben und viel lieber in ihrer Hängematte liegen und mich einfach beobachten oder dort schlafen. Sie bunkerte nicht mehr so viel essen und im Frühling nahm sie ganz doll ab. Sie konnte keine Nüsse mehr knacken und auch keine Nüsse mehr essen. Wir fuhren zum Tierarzt und hatten unendliche Angst ohne Lotti wieder nach Hause zu fahren, doch es ging alles gut. Die Behandlung schlug an und von nun an machte ich Lotti täglich einen Teller mit Brei, Gemüse und etwas Obst fertig. Zerdrückte Walnüsse waren nun die einzigen Nüsse, die die einstige Nussknackerin noch essen konnte. Es ging bergauf. Bis Anfang Oktober war alles gut. Unsere Beziehung zueinander änderte sich und sie suchte meine Nähe. Es war unser Ritual uns morgens zu begrüßen und sie ließ mich sie immer streicheln bevor sie zu ihrem Teller ging und aß. Wir wuchsen endlich zusammen und konnten uns aufeinander verlassen. Ich konnte den Käfig offen stehen lassen und das Essen zubereiten. Sie würde ihn nicht mehr verlassen und sich stundenlang nicht mehr einfangen lassen. Nein, sie wartete, bis ich mit ihrem Essen komme und schaute nur interessiert. Es waren schöne und traurige, aber zeitgleich tröstende Momente der Zweisamkeit und ich bin sehr froh, dass sie mir diese Erinnerungen geschenkt hat. Leider hieß es aber auch, dass ihre Zeit gekommen ist.

Mein kleines Horn ist nun im Nüsseparadies und kann endlich wieder ihre geliebten Haselnüsse mampfen, klettern und einfach die verrückte Nudel sein, die sie immer war. Mir werden die Kratzer, Bisse und Streicheleinheiten fehlen, aber ich weiß mittlerweile, dass Lotti es gut bei mir hatte und es auch jetzt gut hat. Mach’s gut mein Mädchen. Danke für alles. Du wirst immer geliebt und hast dir ein großes Loch in mein Herz genagt.


* Februar 2014
† 10. Oktober 2020

 

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